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Florentin Marfaing Interview - Ein großer Europäer

Auch wenn Florentin Marfaing eigentlich Franzose ist, war er doch gedanklich längst in der deutschen Skateboardcommunity eingebürgert und „unser“ Flo, als er um die Jahrtausendwende so richtig durchstartete. Vom Ruhrpott aus, wo er zusammen mit seiner legendären Crew, der „Macht“, alle Spots und Contests zerlegt hatte, ging es über die Pariser Le Dôme Hubbas direkt in den Lovepark nach Philly und damit zu einem eigenen Pro-Board beim Workshop-Ableger Seek. Sein Skaten war damals eben absolutes Top-Niveau. Von anspruchsvollsten Manny Tricks bis zu heftigsten Railattacken hatte Flo alles im Repertoire und auch heute noch lässt er mit seinen Lines am MACBA in seiner Wahlheimat Barcelona regelmäßig Münder ungläubig offen stehen. Er besitzt ja auch immer noch ein Pro Board, obwohl er mittlerweile mehr und mehr hinter den Kulissen tätig ist, aber auf dem Brett muss er sowieso nichts mehr beweisen, der Legendenstatus ist ihm längst sicher. Von einem wie ihm hat Europa noch nicht viele gesehen. Grund genug über ein Leben voller Skateboarding zu sprechen.
Flo, was war für dich als Kid das Faszinierende an Skateboarding?
Das war einfach diese Magie. Ich habe viel Sport gemacht als kleiner Junge und ich habe mir immer gedacht, dass es bei jedem Sport einen Trick gibt, man muss ihn nur verstehen. Bei Skateboarding war das für mich der Ollie, von da an entwickelt man schrittweise seine eigene Technik. Man ist natürlich auch von vielen Leuten inspiriert. Ob das jetzt die Homies in deiner Stadt sind oder die Magazine die gerade im Umlauf sind. Damals hast du die Pros gesehen und die haben zehn Tricks hintereinander gemacht und du hast dir nur gedacht: „Boah, der ist voll in seinem Film, wie geil ist das denn?“ Ich dachte dann: „Wenn die das können, dann kann ich das auch. Ich habe auch zwei Füße, zwei Beine, zwei Arme und einen Kopf – dann muss das ja auch bei mir funktionieren.“
Wie hat sich die Skateszene damals denn von heutzutage unterschieden?
Der größte Unterschied ist auf jeden Fall, dass es viel mehr Skater gibt. Es ist populärer geworden, klare Sache. Das Image hat sich auch geändert. Damals war das viel schlechter angesehen. Das waren alles schlechte Jungs auf der Straße, Punks und Hip Hopper… Nun hat Skateboarding eine Popularität erlangt, dass man kein schlechter Junge mehr ist, nur weil man mit einem Board durch die Stadt läuft. Eine Popularität, durch die der Vater mit seinen Kindern in einen Skatepark geht. Früher haben die Väter die Boards genommen und gesagt: „Ab in den Schrank damit, du gehst jetzt studieren.“ Flo Marfaing
War das bei dir auch so?
Ja klar, bei vielen meiner Freunde war das so. Meine Mom war zwar dafür, aber mein Dad war absolut dagegen. Der hat immer gesagt, dass ich studieren muss und dass das nur ein Spielzeug ist und ich mir damit keine Zukunft aufbauen kann. Das war nur eine Spielerei für den. Der hätte sich lieber gewünscht, dass ich Tennis spiele.

"Nach dieser Hubba Geschichte hat mich Kalis angerufen und meinte: 'Du musst auf jeden Fall nach Philly kommen!'"

Hast du irgendwann selbst mal den Plan gehabt zu studieren oder war für dich immer klar, dass du das mit dem Skaten durchziehen willst?
Ich bin erstmal jahrelang geskatet und das war für mich cool, weil es zu der Zeit nicht so viele gesponserte Leute gab. Das war mein Glück, weil ich damit verdammt gut leben und reisen konnte. Das war natürlich eine super Zeit für mich, weil ich echt rumgekommen bin. Dann habe ich mir auch meinen Führerschein finanziert und mir trotzdem mit 21 gedacht: „Ah, ich weiß nicht genau, ob ich das mit Skateboarding machen soll.“ Ich war in Südfrankreich bei meinem Onkel und hab mich gefragt, ob ich nach Deutschland zurückkommen soll, um für die Tiefkühlspezialitäten Firma meines Vaters zu arbeiten. Ich hatte immer schon ein bisschen Streit mit meinem Dad und wollte ihm halt entgegenkommen. Dann hab ich aber Bastien Salabanzi getroffen und der meinte dauernd: „Komm, wir gehen skaten. Du kannst auch noch später arbeiten und irgendwelche Lkw rumfahren.“ Dann bin ich natürlich mit dem skaten gegangen und hab die ganze Crew wiedergetroffen. Da war ich dann auch wieder richtig dick im Skateboarding und hatte die Sache mit meinem Vater beiseite gelassen. Es war cool, weil ich auf Contests auch noch Plätze gemacht habe und die Leute angefangen haben zu reden, was bei mir mit Amerika geht und dass ich das vielleicht mal auschecken sollte. Das war immer so ein Kampf, ob ich jetzt skaten oder mit meinem Dad arbeiten soll. Mein Dad hat aber auch losgelassen, als er die Verträge gesehen hat. Da hat der sich gedacht: „Naja, gut. Du verdienst ja dein Geld. Ist ja in Ordnung jetzt. Mach dein Ding.“ Später hat er mich unterstützt und ist natürlich froh. Der hat sich auch entschuldigt, weil er ja nicht wusste, was das alles so ist und wie das abläuft.
Du warst also eine Zeit lang in Südfrankreich und als du da warst, bist du eher so aus Spaß gefahren?
Ja, ich bin da nur aus Spaß skaten gegangen, obwohl ich immer noch Boards aus Deutschland bekommen habe. Ich weiß nicht mehr, ob das Anders Pulpanek oder Ralf Middendorf war, aber irgendwann haben die mir ein Paket nach Südfrankreich geschickt. Ich hatte zu der Zeit auch irgendwie immer noch Bilder, die in der Monster rauskamen, aber es ging schon eher in die Richtung: Führerschein machen und arbeiten, weil mir das für mein späteres Leben wichtig war. Im Nachhinein habe ich nie für meinen Vater gearbeitet, aber hatte trotzdem den Führerschein und habe mir in Deutschland einen Peugeot 106 geholt. Die Karre habe ich dann zehn Jahre lang bis zum Gehtnichtmehr abgefahren. Ich bin damit nachts ohne Bremsen nach Paris. Ich konnte nur noch mit der Motorbremse oder der Handbremse bremsen. Immer 100 Meter Abstand zu den anderen Autos. Würd ich nie mehr machen sowas. Die eigene Karre war für mich aber schon ganz wichtig. Ich konnte dann unabhängig reisen und habe mir meine Heimat zurückgeholt.

Flo Sequenz Kickflip Manual Revert Switch Nosemanual Halfcab Kickflip

War das auch die Zeit, zu der das Puzzle und das Lordz Video rauskamen?
Das hat da ein bisschen angefangen, weil ich mit Bastien und Danny Wainwright immer auf Contests war und immer Plätze gemacht habe. Bastien ja sowieso immer Erster. Und die Vans-Leute waren mich mega am unterstützen. Die haben mir immer wieder Tickets besorgt, um mich aus Deutschland rauszuholen und nach England auf Contests zu fliegen. Ich bin durch diese Reisen richtig gewachsen, mein Englisch ist besser geworden. Das war eine mega geile Zeit. Dann begann irgendwann die Lordz Zeit. Davor sind die Jungs nach Deutschland gekommen und es gab eine Lordz-Tour und die haben gefragt, ob ich am Start bin. Dann kamen die vorbei und wir sind später alle zurück nach Paris gefahren. Ich bin noch zwei Wochen in Paris geblieben und wir sind natürlich skaten gegangen und haben gefilmt. Ich habe mir noch gedacht: „Krass, du warst so lange nicht mehr in Paris“, weil ich früher jeden Sommer drei Monate bei meinem Onkel da war. Ich bin dann nach Deutschland, habe mir meine Karre geholt und bin wieder zurück nach Paris. Da bin ich ungefähr fünf Jahre lang geblieben und dann kam auch Alex Carolino noch dazu. Ab da war natürlich mega Motivation angesagt. Alle hatten mega Bock, weil die Sessions immer so fett waren. Ich kann nicht von einer besseren Zeit reden als dieser, weil es einfach mega harmonisch war.
Du bist danach ja auch weltweit bekannt geworden, vor allem weil du die Le Dôme Hubbas so zerlegt hast…
Genau, nach dieser Hubba Geschichte hat mich [Josh] Kalis angerufen und meinte: „Du musst auf jeden Fall nach Philly kommen!“ Dann hat der mir direkt ein Ticket geschickt. Zu der Zeit wusste ich auch nicht mehr so richtig, was ich mit meinem Leben machen soll und mir ging es nicht so gut mit den Sponsoren und so. Danach habe ich aber beschlossen, dass ich zu hundert Prozent Skateboarding machen will. Fuck it. Ich habe mir gesagt, wir machen jetzt diesen Part, weil mich Anthony Claravall damals gefragt hat, ob ich Bock hab zu filmen und ich hatte eh nichts im Leben und auch nichts zu verlieren. Ich wollte auch nicht für meinen Vater arbeiten und in Deutschland hatte ich eigentlich alles schon gemacht. Ich war in den Mags, hatte sämtliche Interviews zu der Zeit, hab Contests gewonnen und was weiß ich. Was sollte ich da noch machen? Ich musste irgendwo hin und Frankreich war halt die Sache, die mich nach Amerika gebracht hat. Nach der Puzzle-Geschichte bin ich in Philadelphia gelandet. Boom, Kalis kennengelernt, die Teammanager, Stevie [Williams], Brian Wenning, [Anthony] Pappalardo, Jason Dill und die ganzen Bekannten. Auch Chris Carter, der Besitzer von Alien Workshop, war ein supercooler Typ und [Rob] Dyrdek war auch richtig cool und freundlich. All die Leute, wo man sich vielleicht denkt, dass die nicht so korrekt sind, waren mega cool.
Woher hatte Kalis denn deine Nummer?
Ich weiß gar nicht genau, aber zu der Zeit wussten die schon irgendwie, dass es so einen Typen im Flow Team Germany gibt. Ich fand’s immer cool, weil ich von denen richtig fette Pakete bekommen habe mit zehn oder zwölf Boards. Die Planken waren auch einfach Killer. Damals hat mich auch Cliché gefragt, ob ich für die fahren möchte, aber ich wollte nicht, weil ich so vom Workshop begeistert war und mich wirklich damit identifizieren konnte, auch durch meinen Wohnort, weil ich finde, dass der Ruhrpott East-Coast orientiert ist. Dicker Hoodie, dicke Hose –auch die Spots. Man hat sich die Footage angeguckt und gedacht: „Das ist ja wie in Philly.“ Auch solche Videos wie Eastern Exposure habe ich alle gesehen und die waren die mega Inspiration. Wenn ich mir ein Mag angeguckt habe und dann so einen Switch Backside Noseblunt von Kalis in Philly mit Jogginghose und Hip-Hop Style gesehen hab, dann bin ich rausgegangen zum Rathausmarkt in Mühlheim und hab mir den ganzen Tag lang nur noch Switch Back Noseblunts gegeben. Das fand ich geil. Flo Marfaing 2
Wie war das, als Josh Kalis dann plötzlich angerufen hat?
Das war schon ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist, weil ich mir vorher schon gedacht habe, dass ich gerne mal den Typen kennenlernen würde, der mich so krass inspiriert. Aber mir war mein Label schon bewusst. Das hört sich vielleicht ein bisschen arrogant an, aber ich habe für die Zeit ja auch echt heftige Sachen gemacht, wo Leute sich gedacht haben: „Alter, wie kommst du auf den Scheiß?“ Ich war halt auch hart von amerikanischem Skaten inspiriert und hab mir, anstatt zur Schule zu gehen, von morgens bis abends nur Skatevideos angesehen. Zu dieser East-Coast Geschichte passt auch, dass ich zu der Zeit viel mit meinem Freund Fadi (Najras) unterwegs war. Da waren wir wie Brüder, währen Fadis anderer Bruder im Knast saß. Das war ein bisschen dieser Lifestyle, so Streetstyle.
Als du dann nach Amerika gegangen bist, wie war es mit den ganzen Leuten abzuhängen?
Ich bin da hingegangen und Josh hat mich allen vorgestellt. „Hier Steve, das ist der Flo“, Steve hat ein paar Witze gemacht: „Ah, du bist der Beste aus Europa“, aber ich habe probiert mich rauszureden. Tim O’Connor war ganz lustig. Brian Wenning war auch cool drauf. Ich habe die Leute gesehen, die mich inspiriert haben, und wollte mein Skating mit denen teilen, damit die sehen wie ich denke. Wir haben uns dann immer Sessions mit Wenning, Pappalardo und allen gegeben. Kerry Getz kam auch einmal mit seiner Crew in diesen TF-Skatepark und Kalis meinte: „Ey korrekt Flo, war echt cool, wie du gerippt hast heute, weil wir für Seek auf dich gesetzt haben.“ Ich hatte die drei Monate in Philly richtig Spaß mit Josh und den Jungs und der wollte auch nicht, dass ich abhaue. Er hat mir echt gute Angebote gemacht, damit ich bleibe, aber komischerweise war ich in meinem Kopf schon wieder weg. Klar wäre es cool gewesen in Amerika zu leben und für die da zu fahren, aber ich musste zurück nach Hause.
Warum musstest zurück?
Naja, ich war am Ende ein bisschen sick von Amerika. War cool und wir haben Seek Touren gemacht und alles war bombe, aber ich war ein bisschen müde, sagen wir’s mal so. Ich hatte irgendwie genug von Amerika.

"In Europa gesichtet zu werden ist heute ja noch viel schwieriger, da musst du nur einmal durch Instagram durchgucken und siehst den kompletten Tag lang unglaubliche Tricks"

Was mochtest du an Amerika nicht?
Ich hatte ein anderes Bild von Amerika und wie das da alles über die Bühne geht und habe dann gesehen, dass es echt viel Business ist. Es ist auch verboten auf der Straße zu skaten. Ein Bulle kann dein Board nehmen. Allein das hat mich schon leicht abgefuckt. Das war aber nicht der Hauptgrund. Man hat einfach Heimweh, will zurück in sein Bett. Ich konnte mir auch vorstellen zurückzugehen, aber nach drei Monaten hat man erstmal genug von dem Film. Das war auch viel auf einmal. Mal war ich hier und dann sind wir mit DC für ein Wochenende nach Miami geflogen und haben was weiß ich für Action gemacht. Alles war möglich mit den Jungs. Wenn die Bock auf irgendwas hatten, dann sind wir da hingeflogen. Bei Bam Margera waren wir ab und zu. Ich kannte Bam auch noch vorher aus Europa und es war lustig zu sehen, wie die Jungs alle drauf sind und wie auch das System in Amerika generell ist. Die sind ja ein bisschen kapitalistischer eingestellt als wir. Wenn du keine Kohle hast in Amerika, dann kannst du auch nichts machen.
Das heißt die Skate-Industrie drüben tickt anders?
Das ist ein großes Business da. Das ist überhaupt nicht so wie in Europa. Es gibt diese Struktur, die es auch schon immer gegeben hat, diese $800 von der Boardcompany für einen Amateur. Dann hast du deinen Schuh-Deal und was es sonst noch so alles gibt. Da kommst du mit deinen $3.000 pro Monat als durchschnittlicher Pro oder sogar eher als Amateur gut über die Runden. Da weiß man auch, wieso die so hart dafür arbeiten und abgehen. Hier denkt man: „Boah, der schmeißt sich ja überall runter, wieso ist der nur Amateur?“, aber der Typ kriegt schon $3.000 im Monat und der will seine $10.000. So sieht’s aus. Ist zwar scheiße das so zu sagen und ich bin auch nicht der Typ für solche Gespräche über Geld und Skateboarding, aber man muss den Leuten sagen, dass, wenn es diese Struktur in Europa geben würde, die Leute auf einem anderen Level skaten würden. Wenn du in Amerika Pro wirst, wird dein Board in der ganzen Welt verkauft. Du kriegst dann deinen Pro-Scheck plus deine Royalties. Ich bin auf Touren kreuz und quer durch fast ganz Amerika und überall, wo du hinkommst, ist ein Typ, von dem du noch nie gehört hast und der killt dir den ganzen Park. Der ist nicht mal Amateur. Das heißt, die haben den mega Druck. Die müssen sich auf das heftigste Rail schmeißen. Das hört sich hart an, aber das ist die Realität. Flo FS Kickflip

Frontside Kickflip

Nochmal zurück nach Philly. Gab es denn mal die Idee, dass du für den Workshop fährst oder war von Anfang an klar, dass du auf Seek kommst?

Ungefähr nach zwei Wochen hat Josh mir erzählt, dass da was passiert und dass er mir noch nichts Näheres sagen kann. Ich bin zu der Zeit Alien Boards gefahren, so 7.5er. Dann kommt er eines Tages an und erzählt mir, dass die ein neues Brand aufmachen wollen. Das war Seek und er hat mir das Projekt vorgestellt. Wir waren auch schon so weit, dass wir gesagt haben, dass wir auf jeden Fall auch Carolino brauchen. Dann wurde Seek geboren und ich habe irgendwann mein erstes Pro Board bekommen und ab da war alles supergeil. Ich habe noch überlegt wieder nach Amerika zu gehen, aber meine Geschichte war eher immer europäisch. Ich habe immer Europa gepusht, das war mein eigener Weg und ein bisschen meine Bestimmung.
War das auch für Seek okay, dass du in Europa warst?
Ich war auch oft noch in Amerika und die waren damit einverstanden. Damit war damals eigentlich kein Brand einverstanden, aber durch Kalis und die Leute, die gesagt haben, dass wir in Barca ja auch produktiv sind, ging das alles. Für das Seek Video hatten Carolino und ich auch zwei Parts, aber eines Tages hat mich Chris Carter angerufen und meinte: „Sorry Flo, aber wir müssen Seek schließen, weil wir Habitat für eine Zeit lang ein bisschen liegen gelassen haben und wenn wir jetzt nur noch Seek pushen, dann verlieren wir Habitat. Tut mir wirklich leid, war eine harte Entscheidung.“ Das war schon mit Respekt und wenn das so ist, dann ist es halt so, aber ab da war Amerika erstmal abgehakt. Dann hatte ich keinen Boardsponsor, bis mich Carolino angerufen hat und meinte: „Ey Flo, ich bin in San Francisco und habe hier den Jeff Kendall und der meinte, dass der schon immer wollte, dass du für Santa Cruz fährst. Ich bin grade da und fahre für die. Komm, lass uns das zusammen machen. Nochmal in die USA.“ Von da an ging es wieder komplett durch Amerika durch, coole Leute kennengelernt und alles. War eine supergeile Zeit.
Mir hat mal jemand erzählt, dass du auch ein Angebot hattest für Girl zu fahren, aber abgelehnt hast, weil du die Shapes nicht mochtest. Ist da was dran?
Da war mal irgendwas im Gespräch, aber ich habe keine Ahnung, ob das jetzt wirklich die Girl Leute in den USA waren. Ich hatte mega Respekt für Girl, weil die mich auch hammer geprägt haben in meiner Karriere und ich war so gestoked, als Chris Roberts und Guy Mariano in Badalona waren und meinten, dass wir mal skaten gehen sollen. Rick Howard, Eric Koston und Marc Johnson habe ich auch irgendwann mal getroffen. Die waren auch cool drauf, aber das mit den Boards war halt so, wie ich vorhin gesagt habe. Ich war total auf Alien fixiert, weil ich mich damit identifizieren konnte, mit diesem East-Coast Skateboarding, einfach aufgrund des Lifestyles.
Du bist einer der wenigen Europäer, die es als Pro nach Amerika geschafft haben. Was würdest du jemandem raten, der vor hat dasselbe zu erreichen?
Erst mal muss man ausgewählt werden. Das heißt, man muss schon hardcore rippen, um in Europa gesichtet zu werden. Das ist heute ja noch viel schwieriger, da musst du nur einmal durch Instagram durchgucken und siehst den kompletten Tag lang unglaubliche Tricks. Man muss präsent sein und den Sponsoren, die dich unterstützen, sagen, dass du auf bestimmte Events willst. Du musst da sein, wo Skateboarding stattfindet. Du musst versuchen mit Leuten zusammenzuarbeiten, die für Magazine arbeiten. Als Skateboarder bist du dein eigener Meister und musst das alles selber machen. Das kostet Energie, das kostet Zeit, man muss Disziplin haben. Daran scheitern die meisten Skater, aber im Endeffekt muss man sich nur blicken lassen und das viel. Man muss auch richtig abrippen, bis die Amis deine Scheiße auf die Thrasher-Seite packen. Das ist direkt eine Referenz, wenn die deine Sachen teilen. Das ist total absurd, aber das ist Fakt. Das hat seinen Wert. Damals war das so mit den Mags und heute ist das mit diesen online Dingern so.

"Man muss richtig abrippen, bis die Amis deine Scheiße auf die Thrasher-Seite packen. Das ist direkt eine Referenz, wenn die deine Sachen teilen. Das ist total absurd, aber das ist Fakt"

Du sagst, man muss präsent sein, man muss professionell sein und ein paar Sachen auf die Reihe kriegen…
Ja, ganz klare Sache. Du musst heute einfach professioneller sein. Man sieht wie viel die Top-Sportler leisten und die Produktivität ist so hoch heutzutage. Die produzieren ja am Fließband. Den Lifestyle habe ich nicht mehr. Ich werd zwar noch ein bisschen von Vans unterstützt und ich versuche das mit Souljah [Flo’s Griptape Company, Anm. d. Red.] nach vorne zu bringen.
Du lebst also nicht mehr nur von deinen Sponsorengeldern, aber immer noch 100% von Skateboarding?
Ich bin gerade in einer Doppelphase. Ich hatte sogar überlegt, falls Skateboarding nicht klappt, vielleicht sogar aufzuhören und mich mehr mit Business zu beschäftigen. Aber solange ich Bock habe und die Sachen funktionieren, dann muss ich das machen. Ist ja auch gut für die Company, wenn die Jungs sehen, dass der Boss Bock darauf hat. Ich bring den Stuff auch persönlich vorbei und die Shops mögen das. Wir haben gute Qualität, da sorg ich persönlich für. Ich entwickle hier zusammen mit den Chinesen die Formel von unserem Grip, von der Körnung und so. Wir haben einen coolen Kontakt und das Grip ist jetzt nach drei Jahren testen perfekt!
Wie läuft das? Man sagt: „Ich hätte das Grip gerne ein bisschen rauer, ich hätte es gerne so und so?“
Wir haben auch Labortests gemacht. Wir sind richtig dran an der Sache und deswegen machen wir auch nur Grip, weil wir uns vergewissern wollen, dass die Qualität vorhanden ist. Wir wollen dass auch patentieren lassen, so dass das unser Grain ist. Das ist dann wie die Coca Cola Formel.
Und du kümmerst dich auch um den ganzen Bürokram?
Das ist echt viel Arbeit. Mein Tag beginnt um 9:30 Uhr und dann bin ich bis zwölf Uhr nur am E-Mails checken. Ich sehe mich natürlich in erster Linie als Skateboarder, aber auch als Verkäufer und Teammanager, weil ich seit drei, vier Jahren die Leute alle kontaktiere, weil der Simon Cronenberg [der Souljah Partner von Flo, Anm. d. Red.] andere Sachen zu tun hat. Wir haben auch ein internationales Team. Souljah ist zwar in Europa aufgebaut und mit brasilianischem Touch, aber international ausgerichtet und das ist viel Arbeit. Ich bin halt den ganzen Tag in Kommunikation mit verschiedenen Leuten. Das ist, wie zwei Jobs haben: Skaten gehen und Verkaufen. Danke auch an alle Leute die uns auf unserem Weg helfen!
Wenn man deine Story so durchgeht, fällt auf, dass du immer eine Skate-Rat warst, ohne dir groß weiter Gedanken zu machen. War das so?
Ja, das war so. Wie gesagt, bis hin zum Material. Es sind echt coole Brands gekommen die nachgefragt haben, ob ich für sie fahren möchte und ich wollte lieber über einen deutschen Vertrieb zehn Alien Boards im Monat haben. Egal was du mir vorschlägst, du hast nicht die besseren Boards. Du kannst keine besseren Boards haben, ich fahre schon die besten Boards der Welt. So habe ich wirklich gedacht. Flo Marfaing 3
Das heißt du hast auch bessere Deals abgelehnt, z.B. Cliché?
Ja, das waren so Gespräche. Ich will nichts sagen, weil ich das selber nicht mehr so genau weiß, aber ich weiß, dass mich jemand von Cliché mal in der Manolo Bar gefragt hat. Man hat mir bestimmte Sachen angeboten, auch von anderen Brands, aber ich war so fixiert auf meine Sache mit Workshop. Ich bin auch fünf Jahre für den Vertrieb gefahren, bis ich nach Philly kam und Josh meinte direkt so: „Watt, du fährst schon fünf Jahre für uns? Ich habe erst vor Kurzem von dir gehört, keiner hat mir was gesagt!“
Bei den ganzen positiven Aspekten, die Skateboarding dir gegeben hat, gibt es irgendetwas, das du bereust?
Ich habe bestimmt falsche Entscheidungen getroffen, aber ich bereue nichts wirklich. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber ich habe diese Philosophie, in der ich mit „Bereuen“ nichts anfangen kann. Ich bin froh mit dem, was ich habe, mit dem, was ich bin, und mit dem, was ich erlebt habe. Das ist toll und deswegen brauche ich nicht bereuen. Heute gibt es vielleicht ein bisschen mehr Geld, aber dafür habe ich die ganze Evolution von Skateboarding miterlebt. Von 89 bis jetzt. Das hat so viel Reichtum. Ich habe alle 411’s gesehen, die alten Powell Videos. Ich habe das alles gesehen und teilweise erlebt, die ganzen verschiedenen Eras. 26 Jahre Skateboarding ist schon was. Boah bin ich alt, wenn ich sowas sage. [lacht]