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Tom Knox Interview

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Ich kann mich an wenige Dinge in meinem Leben erinnern, die ich mit so viel Begeisterung getan habe, wie Skateboard fahren und Skatevideos schauen. Das hat sich mittlerweile ein wenig gewandelt und einer von vielen (!) Gründen ist die Entwicklung, die Skateboarding aus meiner Sicht vollzogen hat. Bevor es die Videospiele, die X-Games und den 900 gab, waren Skater so was wie eine Randerscheinung, die weitestgehend unbeobachtet vor sich hin machen durfte. Es gab von allem weniger. Weniger Skater, weniger Marken, weniger Videos, weniger Geld. Und ich glaube, das war gut für die Kultur, die wir uns über die Jahre zusammengesponnen haben. Heute hingegen kommt es mir so vor, dass sich unsere Szene viel zu oft über Mode(n) definiert. Ein weißes T-Shirt, auf dem Supreme steht, wird für 500 Euro bei eBay verhandelt und ein Label wie Palace verkauft Jacken für unfassbar viel Geld an Prominente oder Streetwear-Hipster. Skateboarding ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, was grundsätzlich nicht schlimm wäre, wenn damit nicht unweigerlich gewisse Veränderungen einhergehen würden. Die kritische Masse, die uns für große Unternehmen interessant macht, wurde schon lange erreicht und im Tausch gegen hochwertige Schuhe akzeptieren wir die teilweise brutalen Konsequenzen. Nun wird Skaten 2020 olympisch, doch die independent Companies, die mal als Gegenbewegung erfunden wurden, werden in meiner Wahrnehmung gern genutzt, um sich von vermeintlich weniger coolen Skatern abzugrenzen. Ich finde das alles traurig. Die Krönung des Unvorstellbaren, und an der Stelle kommt Tom Knox ins Spiel, bestand für mich aber darin, dass sich ein Mensch dachte, es würde sich lohnen, eine in London tief verwurzelte Skatefirma zu kaufen, um sie gespickt mit amerikanischen Skatern nach allen Regeln der Kunst auszuschlachten. Wie sagte damals Max Liebermann? „Ich kann nicht so viel fraessen, wie ich kotzen möchte.“ Umso mehr freut es einen, dass die nicht mehr benötigten Skater von besagter Firma Blueprint ihrem neuen Besitzer den Rücken gekehrt haben, um, unter anderen für Tom – der auf seine unprätentiöse Art so ziemlich alles repräsentiert, was ich mal an Skateboarding geliebt habe – eine neue, lebendige und freie Heimat in Form von Isle Skateboards zu schaffen. Das nur mal so. Tom Knox - Portrait
Hey Tom, es war gar nicht so leicht dich ans Telefon zu bekommen. Wo bist du gerade?
Ich bin gerade in Spanien mit dem gesamten New Balance Team unterwegs. Aber da das Team mittlerweile ziemlich groß ist, haben wir uns nach ein paar Tagen getrennt. Die eine Hälfte ist Richtung Süden gefahren und ich bin mit dem Rest im Norden unterwegs.
Arbeitet ihr an einem Video?
Nicht direkt ein Full Length Video, aber wir filmen für einen neuen Edit. Ich weiß noch nicht genau, was es für ein Edit wird, aber wir versuchen konstant Footage rauszubringen. Wir skaten einfach und Russell [Houghten] kümmert sich um den Rest. Ich glaube, das ist ganz gut so.
Also plant New Balance erst mal kein Full Length?
Nein, erst mal nicht. Wir wollen es langsam angehen lassen und konstant guten Content rausbringen. Ein Full Length ist wirklich viel Arbeit, weißt du? Und während du für so ein großes Projekt arbeitest, ist es hart nebenbei noch was anderes rauszubringen. Ich glaube, für einen Brand macht es nicht wirklich Sinn, zwei Jahre gar nichts zu machen, um dann eine Sache rauszubringen. Heutzutage scheint es so, dass es das oft nicht wert ist, weil die Leute ein Full Length ziemlich schnell wieder vergessen haben.
Ist das eher ein Problem, das größere Companies haben, oder würdest du sagen, dass sich die ganze Arbeit für Isle am Ende auch nicht so richtig gelohnt hat?
Ich glaube, für Isle hat es sich auf jeden Fall gelohnt, aber Isle ist auch eine viel kleinere Crew, die überwiegend in London oder zumindest in England und dem Rest von Europa wohnt. Also ist es leichter sich auch ohne Budget regelmäßig zu treffen. Beim New Balance Team ist das natürlich anders, da ist der Aufwand viel größer und mit viel Fliegerei verbunden, außerdem müssen die ganzen Musikrechte geklärt werden und so weiter. knox3
Kannst du verraten, was New Balance in Bezug auf seine Skateboard-Sparte plant?
Es scheint so, als ob sie es langsam angehen und vernünftig machen wollen. Ich denke, sie versuchen gerade wirklich gute, langlebige Skateschuhe zu produzieren und gleichzeitig ein gutes Team aufzubauen. Sie wollen nichts überstürzen und das Ganze Schritt für Schritt aufbauen, ohne sich selbst zu überfordern. So wie ich das sehe, sind sie nicht gekommen, um irgendetwas zu erobern. Sie geben sich Mühe, mit ihrer Erfahrung aus den Laufschuhen ein neues, gutes Produkt zu machen.
Um die Zeit als Vase rauskam, bist du Vater geworden. Was hat sich seitdem für dich geändert?
Wow. Seitdem hat sich ne ganze Menge geändert, das ist schon verrückt Vater zu werden. Rosie ist vor fünf Monaten geboren und es ist unglaublich! Am Anfang kann es erst mal heftig sein, weil man wenig Schlaf bekommt. Aber es ist großartig. Du hast plötzlich eine Aufgabe, eine Bestimmung. Da ist jemand, der dich braucht, und das ist ein großartiges Gefühl. Du trägst dann natürlich auch Verantwortung und treibst nicht mehr unbeschwert durchs Leben und denkst nur an Skaten oder was auch immer, aber das ist auch was Schönes. Du stellst dich einer Herausforderung. Insofern hat sich wirklich eine Menge verändert. Aber meine Lady Kelly ist unglaublich. Sie ist gerade zuhause und kümmert sich um die Kleine und sie macht einen großartigen Job!

"Das ist schon verrückt Vater zu werden"

Du fährst für den Lost Art Skateshop in Liverpool, lebst aber schon immer in London. Wie ist das zustande gekommen?
Wegen Dave Mackey. Als ich gerade auf Blueprint gekommen bin, war ich mit ihm auf einem Trip und am Ende hat er mich dann gefragt. Das war eine Ehre. Und weil ich zu dem Zeitpunkt noch für keinen anderen Shop gefahren bin, war es überhaupt keine Frage, dass ich ja sagen würde. Er ist ein wahrhaftiger Skateboarder und der Shop repräsentiert genau das, worum es ihm geht. Es gibt Leute aus ganz England, sogar der ganzen Welt, die für den Lost Art Skateshop fahren.
Ist es manchmal nervig, weil man von allen wegen dem Stuff angehauen wird?
Nein… Alles cool. Ich bin einfach froh, dass ich so einen hammer Shop repräsentieren darf, der so viele gute Sachen für Skateboarding macht. Aber du hast Recht, sie haben die besten Shirts und alles. Mittlerweile ist es schon ein bisschen wie eine Klamottenmarke.
Zurück zu London. Southbank stand ja wirklich kurz davor abgerissen zu werden. Welchen Einfluss hätte das auf die Szene gehabt?
Es ist wirklich wichtig, dass sie Southbank retten konnten. Manchmal fahr ich dahin, und auch wenn der Ort echt strange sein kann, sehe ich da ne Menge gutes Skaten. Und für die Kids ist es wichtig einen Platz im Zentrum zu haben, wo sie lernen können zu skaten und von dort aus die Stadt zu erkunden. Wenn man viel in lokalen Skateparks fährt, ist das eher schwer. Von Southbank aus kann man den Fluss entlang pushen und die ganzen Streetspots skaten. Es ist echt gut, dass sie den Spot retten konnten. Ich kann’s fast nicht glauben, das war wirklich ein riesiger Erfolg. knox1
Vase war auch ein ziemlich krasser Erfolg. Ihr habt eine Menge Awards mit dem Video und dem Team abgeräumt. Wie denkst du im Nachhinein darüber?
Fuck. Das Projekt war einfach nur großartig. Der Typ, der dahintersteckt, Jacob [Harris], ist mein bester Freund und ich habe zu der Zeit sogar mit ihm zusammen gewohnt. Wir skaten zusammen, seitdem wir 14 oder 15 sind, und es ist großartig, dass diese Geschichte so lange weiterging und sich so entwickelt hat. In dem Prozess einen Part zu filmen gibt es unterschiedliche Phasen. Mal bist du immer mit denselben Leuten unterwegs, dann bist du mal eine Zeit lang alleine unterwegs, aber es macht immer Spaß. Ok, nicht immer, aber das gehört ja dazu und macht es am Ende so schön. Und mit Jacob an diesem Projekt zu arbeiten, war einfach nur das natürlichste der Welt. Wenn man so viel Zeit in ein Projekt steckt, ist es einfach cool eine physische Erinnerung an diese Zeit zu haben. Ich gucke die DVD andauernd und feier’ es immer noch, es gibt mir ein gutes Gefühl. Wenn ich das Intro schaue, bin ich direkt wieder gehyped. Und es war krass diese ganzen Awards zu sehen. Best Video, Best Brand, Best Videographer, mir haben sie den Besten Europäischen Part gegeben, das ist einfach extrem cool – zu wissen, dass die Leute das Projekt, an dem man so hart gearbeitet hat, wirklich mögen. Man selbst zweifelt immer sehr lange an sich selber und dann erfährt man, dass es die Leute feiern und motiviert rauszugehen und zu skaten.

"Als Kind bin ich mit den Blueprint Videos aufgewachsen, als sei es meine Religion"

Wie lange warst du eigentlich auf Blueprint, bevor es kacke wurde?
Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass es ziemlich genau um die Zeit, als ich dazu kam, kacke wurde. [lacht] Als Kind bin ich mit den Blueprint Videos aufgewachsen. Mein Freund hatte First Broadcast auf VHS und ich habe dieses Video genau wie Lost and Found jeden Tag geschaut, als sei es meine Religion. Als ich dann dazu kam, haben sie gerade Make Friends With The Colour Blue fertiggestellt und danach ist dann nicht mehr viel passiert. Man konnte auch fühlen, dass die Leute, die involviert waren, immer frustrierter wurden. Also muss man definitiv sagen, dass ich die glorreichen Zeiten verpasst habe, was echt schade ist. Aber es ist ok, es ist ja etwas Gutes daraus entstanden.
Das wäre jetzt meine Frage gewesen. Glaubst du im Nachhinein, dass es gut war, dass Blueprint gestorben ist, damit Isle geboren werden konnte?
Nun ja, so wie es am Ende gewesen ist, kann man froh sein, dass es untergegangen ist. Aber es wäre schön gewesen, wenn es einfach so geblieben wäre wie früher.
Glaubst du denn, dass Blueprint, so wie es früher gewesen ist, heute genauso viel Aufmerksamkeit kriegen würde wie Isle?
Also zunächst mal glaube ich, dass Blueprint früher größer war als Isle heute. Und das war alles Dan Magees Verdienst. Ich mein, die Skater damals waren super, aber das war nicht der Grund, warum wir Blueprint geliebt haben. Es war dieses Gefühl, diese Atmosphäre und die hat Dan Magee erzeugt. In Bezug auf heute ist das schwer zu sagen, weil man Alles immer im Kontext betrachten muss. Als Blueprint auf seinem Höhepunkt war, hatte man keinen leichten Zugang zu Videos. So ein hochqualitatives Video von einer unbekannten Szene zu sehen, hat die Leute wahrscheinlich geschockt. Die Art und Weise wie Magee englisches Skaten repräsentierte war großartig. Ich glaube, dass die Leute immer noch ein schlüssiges Image und ein gut durchdachtes Video zu schätzen wissen. In diesem Sinne glaube ich, dass Blueprint heute immer noch groß sein könnte. Darüberhinaus ist ein frischer Start auch immer eine gute Sache und Isle hat jetzt alle Freiheit zu machen, was sie wollen. Es ist eine tolle Crew, die keinem bisherigen Image gerecht werden muss. Ich bin richtig gestoked, wie es läuft! Tom Knox - Krooked
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