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In 10 Schritten zum eigenen Skatepark – Veith Kilberth Interview

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Wer schon etwas länger dabei ist, der kennt Veith Kilberth noch als Pro auf Think Skateboards. Auch heute ist Veith noch aktiv, vor allem in seiner alten wie nun runderneuerten Heimat, der North Brigade, an dessem Umbau er maßgeblich beteiligt war. Denn seine Agentur Fine Lines, die er zusammen mit Joni Wronn betreibt, bietet seit einiger Zeit auch Unterstützung bei der Planung von Skateparks an. Wir haben Veith dazu gesprochen.

Veith, eure Agentur Fine Lines arbeitet ja auf verschiedenen Ebenen in der Skateszene. Wie seid ihr jetzt auf Skateparks gekommen?

Ich bin das erste Mal mit dem Thema Skatepark in Berührung gekommen, als wir vor 25 Jahren, Dank des Engagements von DJ (Dieter Ortsiefer), die erste North Brigade gestaltet haben. Mit Fine Lines sind wir jetzt über unsere Agenturarbeit für Nike SB reingerutscht und wir möchten unser Wissen und unsere Erfahrung aus Großprojekten für die Planung von Skatepark-Initiativen einbringen. Bisher waren es zum Beispiel das Nike SB Shelter, die North Brigade und Lentpark. Ziel ist es, die Qualität von Skateparks zu verbessern. Da steckt auch jede Menge Herzblut drin. Wir sehen es als wichtige Aufgabe öffentliche Mittel auf möglichst sinnvolle Weise in Beton zu gießen und es birgt natürlich einiges an Verantwortung etwas zeitloses und doch aktuelles zu machen. Die Benchmark ist häufig die Nachbar-Kommune, gute Projekte können eine starke Wirkung haben. Wir sehen Skateparks als Teil der Infrastruktur von Skateboarding. Da wo gute Skateparks sind, kommen gute Skater her. Wir können als Agentur dazu beitragen, indem wir vermitteln, zwischen Sponsoren, Skate–Szene, Kommunen und Locals. Für die North Brigade z.B. haben wir Sponsoren vermittelt, geholfen dass der Umbau realisiert werden konnte und auch das komplette Konzept entwickelt. Für dem Lentpark haben wir den Sponsor vermittelt, damit der Dom e.V. das Projekt zusammen mit der Stadt umsetzen konnte.

Veith Kilberth Fine Lines

Welche Akteure sind denn bei der Entstehung eines Skateparks beteiligt und wer übernimmt welche Aufgaben?

Fast alle öffentlichen Skateparks werden durch Engagement der lokalen Skate-Szene angestoßen, die ihr Anliegen an Stadt und Kommune, den zweiten Akteur herantragen. Dann muss ein Platz gefunden werden, für den z.B. auch Dinge wie Lärmschutz wichtig sind – man sollte sich erstmal nach bestehenden, ähnlichen Arealen umsehen. Das Budget findet sich oft über das Jugendamt oder das Sportamt. Ersteres kann Geld für Spielplätze umwidmen, zweiteres Geld für Sportplätze stellen. Es gibt aber auch weitere Förderungsmöglichkeiten, mit denen man sich auseinandersetzen sollte. Auf unserer Website finden sich dazu Beispiele zum Thema Spenden, Stiftungen, Sponsoren usw. Wenn es weiter geht, gibt es einen Architekten, der mit der Beteiligungsgruppe (Local Skater und andere am Projekt beteiligte Personen) den Entwurf macht und am Ende eine Company, die den Bau umsetzt.

Wer beauftragt den Architekten?

Aus bürokratischen Gründen arbeitet der Architekt im Auftrag der Stadt. Er bringt ja auch nicht direkt die Skatepark-Company mit. Es ist aber möglich, über die Beteiligungsgruppe Architekten ins Gespräch zu bringen und es gibt ja auch Architekten, die selbst skaten. Natürlich werden aus öffentlichen Geldern finanzierte Projekte ausgeschrieben, aber wenn man Eigenmittel einbringt (sprich ein Verein das mitfinanziert), wächst auch die Autonomie. Der Input für den Architekten oder das Planungsbüro geht sowieso von der Beteiligungsgruppe aus. Der Architekt nimmt deren gesammelten Input und bringt ihn in Form, weiß aber, gerade wenn er nicht skatet, oft nicht die Bedeutung kleinster Details. Da können wir als Agentur dann zur Qualitätssicherung beitragen und Fehler ausmerzen. Wir ergänzen das Zusammenspiel von Beteiligungsgruppe, Stadt und Architekt. Als unabhängige Agentur sind wir das erste Angebot dieser Art.

"Schlechte Planung ist der Hauptfehler, aber auch ein guter Entwurf kann noch durch eine miese Ausführung vernichtet werden"

Ihr seid also quasi der Übersetzer beim Turmbau von Babel?

Genau, denn das Gelingen ist abhängig von vielen Faktoren. Darunter fällt erstmal Budget und Größe der Fläche. Dann sind die Interessen der Beteiligungsgruppe wichtig, die sollten sich in der Parkgestaltung wieder finden, aber auch die Nutzergruppe ist relevant. Wenn sich Bowlskater mehr engagieren als Streetskater, aber mehr Leute in der Stadt Street fahren, dann ist es nicht sinnvoll, nur eine Bowllandschaft zu bauen. Auch die Interessen der Stadt muss man beachten und schauen, was für andere Skateparks in der Umgebung sind, sodass sich nichts doppelt und öffentliche Gelder sinnvoll genutzt werden. Wichtig ist es auch, dass man Basics beachtet – ein Skatepark ist immer eine Mischung aus zeitlosen Features und guten, aktuellen Sachen. Man muss aber trotzdem immer mit Problemen rechen, allein der Zahl der Faktoren geschuldet. Im Idealfall ist für jeden etwas dabei. Der Schlüssel ist, genau an dieser Stelle richtige Kompromisse zu machen, die gewährleisten, dass es für alle sinnig ist – das unterstützen wir dann. Es muss ihm Rahmen des Budgets einfach der bestmöglich passende Park entstehen. Wir haben dafür die nötige Erfahrung in der Planung und möchten diese gerne anbieten.

Welche Fehler wurden oder werden allgemein in Skateparks gerne gemacht?

Schlechte Planung ist der Hauptfehler – mögliche Gründe hab ich ja schon genannt – aber auch ein guter Entwurf kann noch durch eine miese Ausführung vernichtet werden. Umgekehrt kann eine schlechte Planung durch eine top Umsetzung leider kaum gerettet werden. Beides muss on Point sein und ineinander greifen. Keine falschen Kompromisse, keine Parks, die mit Obstacles überladen sind, ein sinnvolles Maß an Beteiligung… Es kommt aber auch einfach auf Details an, jeder Arbeitsschritt ist wichtig und bei Skateparks kommt es oft auf jeden Zentimeter an. Eine weitere Schwierigkeit ist die Vergabe des Auftrags an die ausführende Skatepark-Company. Also, welche Firma den Park dann letztendlich baut. Wie bei vielen öffentlichen Aufträgen, wird oft nur nach Preis bewertet und vergeben, d.h. das günstigste Angebot erhält den Zuschlag. Das ist für viele Vergabestellen die einfachste und unverfänglichste Form der Bearbeitung und kann bei einfachen Standard-Bauleistungen gelingen. Insbesondere beim Finish-Gewerk der handwerklichen Ortbeton-Bearbeitung für Skateparks sind wir aber weit entfernt von einer bekannten Standardleistung. Um aber Bauleistungen nach qualitativen Kriterien einkaufen und vergeben zu können bedarf es einer entsprechenden Kompetenz. Diese ist bei vielen öffentlichen Vergabestellen nicht immer gegeben. Hinzu kommt, dass es bei der qualitativen Beurteilung der kritischen Bauleistungen für Skateparks zu wenig Erfahrung gibt. Hier sind die Vergabestellen auf die Unterstützung von neutralen und kompetenten Spezialisten angewiesen, um die notwendige Qualität zu sichern. Das gilt übrigens auch für die Überwachung und Abnahme solcher Leistungen. Die Qualität von Beton-Skateparks lässt sich nur begrenzt mit technisch einfachen Kriterien wie Toleranzen, Oberflächen-Güten usw. bestimmen. Sie wird dagegen stark von der handwerklichen Erfahrung und dem Gewissen der Arbeiter beeinflusst. Dies kann nur durch nachweisliche Referenzen und nachweislicher persönlicher Erfahrung der einzusetzenden Handwerker sicher gestellt werden. Diese Vergabe-Kriterien zu definieren ist Sache des Architekten, aber auch hier können wir unterstützen.

Fine Lines in 10 Schritten zum Skatepark

Ich dachte bei einer öffentlichen Ausschreibung muss man zwangsweise den billigsten Anbieter nehmen?

Im Grunde ja, aber wenn man die Ausschreibung sinnvoll gestaltet und an ein bestimmtes Anforderungsprofil knüpft, dann können auch nur Firmen ein Angebot abgeben, die dieses Profil erfüllen. Eine gewisse Qualifikation muss da sein. Es gibt ja immer Ausschreibungen, für die gibt es verschiedene Kriterien. Eigentlich ist eine qualitative Gewichtung nötig. Der Architekt kann zum Beispiels Companys benennen, die ihm sinnvoll erscheinen. Bei sowas können wir auch helfen zu vermitteln.

Was sind denn so typische Detail–Fehler, wenn man in einen verpushten Skatepark reinschaut?

Häufig wird vergessen, dass die Planung Schritt für Schritt erfolgen sollte, also erst die Basics, dann die crazy Features. Alles sollte ausgehend von einem perfekten Boden als Basis geplant werden. Früher gab es immer ein Centerpiece mit hohen Banks und Quarters am Rand. Wenn man anfängt hoch und lang zu bauen, braucht man immer mehr Speed. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Der Lentpark und auch der neue Währinger Skatepark in Wien sind beste Beispiele dafür wie man es richtig macht, da ist nichts über einen Meter hoch. Sinnvolle Anordnung und angemessene Höhe ergibt besseren Flow. Mittlerweile gibt es immer mehr gute Beispiele an super Skateparks: North Brigade, Lentpark, Osnabrück, Shelter, Kap686, Überseepark in Bremen, der neue Anker Park in Ulm sieht gut aus… Das Wichtigste an einem Park ist, dass er flowt und Spaß macht. Je größer der Park, desto mehr kann man es natürlich steigern und auch einige höhere Features einplanen.

"Häufig wird vergessen, dass die Planung Schritt für Schritt erfolgen sollte, also erst die Basics, dann die crazy Features"

Ihr habt auf eurer Website diesen 10 Punkte Plan zum optimalen Skatepark. Kannst du den noch etwas erläutern?

Ja, wir haben den Prozess einfach in zehn Schritte unterteilt. Es beginnt mit den Leuten, die sich für einen Skatepark interessieren – eine Community, eine Interessengemeinschaft. Je größer, desto besser wird man gehört. Der zweite Schritt ist die Bildung einer Organisationsform, die von der Stadt anerkannt ist und mit der man noch mehr Leute für die Idee gewinnt. So wird es dann repräsentativer und man kann Mitgliederzahlen angeben. Als Hilfe finden sich zwei Beispielsatzungen auf unserer Website. Dritter Schritt ist das Konzept. Das muss für die Stadt irgendwie nachvollziehbar sein und klare Ziele enthalten – entsprechend der Ziel– und Beteiligungsgruppe. Viertens ist eine klare Vorstellung für eine Location hilfreich, insbesondere wenn man in der Stadtmitte oder in Ballungszentren sucht. Am einfachsten ist immer Sanierung und Umbau (wie z.B. bei der North Brigade), weil man da keinen neuen Bauantrag stellen muss und damit extrem vielen Problemen, Entwässerung und Dergleichen, aus dem Weg gehen kann. Nächster Step ist es, sich mit dem konkreten Plan an die Gemeinde zu wenden und das Anliegen auch, sechstens, in die Öffentlichkeit zu tragen, über die Presse, Social Media etc. Beton für Bonn ist dafür ein gutes Beispiel, die hatten einen WDR Bericht, organisieren Konzerte mit denen sie zusätzlich Spenden sammeln usw. Mit öffentlicher Unterstützung kommt man besser an Gelder und wird von der Stadt besser wahrgenommen. Der siebte Punkt ist dann: Sponsoren und Finanzierung. Wer kommt als Sponsor in Frage, gibt es Spenden, Stiftungen, wie kommt man an Gelder? Gerade Sponsoring muss man wegen des Gegenleistungsprinzips überdenken. Das Skatepark Design ist der achte Punkt, wir haben ja eben schon über unseren Ansatz dazu gesprochen. Es ist auf jeden Fall gut, wenn man die vorab festgelegten Ziele zu Grunde legt, weshalb man vorher genau festlegen sollte, was man will. Dann muss man die passende Company für die Umsetzung wählen und zum Schluss bei der Umsetzung ganz eng dabei bleiben, denn ich kenn keinen Park der genau so gebaut wurde, wie er auf dem Plan war. Während des Baus muss immer noch ein bißchen angepasst und verändert werden, da ergeben sich Dinge, die vorher nicht absehbar waren.

Fine Lines Skatepark

Das sind viele Schritte die nach Ausdauer verlangen. Wie lange dauert es im Schnitt, bis ein Skatepark umgesetzt wird.

Das ist unterschiedlich. Von der Idee bis zur Eröffnung in der Regel schon meist ca. drei Jahre, es kann schneller gehen, sich aber auch in die Länge ziehen und weit länger dauern. In Düsseldorf hat es z.B. über zehn Jahre gedauert. Dicke Props an die Locals, die durchgehalten haben und sich dafür ganz bald über den größten Park in Deutschland freuen können.

Kannst du abschließend nochmal genau erklären, an welchen Punkten ihr eure Hilfe anbieten könnt?

Wir können zu unterschiedlichen Zeitpunkten ins Projekt mit einsteigen. Vor allem nachdem die Stadt den Bau beschlossen hat können wir eingreifen und die Interessen zwischen allen Parteien vermitteln. Unser Angebot geht an Städte, Gemeinden, Architekten und Skateparkbauer aber eben auch an Skater, die sich um einen Park bemühen. Wir verstehen uns als Bindeglied und bringen Erfahrung bei der Planung von großen Skatepark-Projekten ein. Es müssen ja nicht immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden. Häufig gibt es die Situation, dass Meinung gegen Meinung steht. Wir bringen einen Blick von außen ein und orientieren uns einerseits an den lokalen Wünschen der Skater, andererseits an den besten Parks weltweit. Unsere Meinung ist, dass es Prinzipien gibt, die zu berücksichtigen sind und da muss man auch zwischen Generationen vermitteln. Zudem können wir auch bei der Suche nach Sponsoren helfen. Aber nicht nur Sponsoren können wir vermitteln, sondern auch an die lokale Politik vermitteln um sie für das Projekt zu begeistern. Auch Projekte, die ein bißchen ins Stocken geraten können wir unterstützen und durch Konzeption und Präsentation wieder in Gang bekommen. Meldet euch gerne bei uns.

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