Mark Suciu ist der einzige Skater den ich kenne, der neben seiner Skatekarriere noch studiert. Ich weiß gar nicht genau was, aber irgendwas mit Geisteswissenschaften, Kulturgeschichte und auf jeden Fall auch Deutsch. Er macht gerade ein Auslandssemester in Paris und liest gerne mal am Spot ein Buch. Sein Skaten und seine Karriere geht er wie ein Schachspiel an. Ich hab ihn irgendwann mal gefragt, was bei ihm als Nächstes ansteht und er konnte mir für ein Jahr im Voraus genau sagen, was er wann macht. Da waren die ganzen Touren und alles schon geplant. Er wusste auch, als er nach Stuttgart kam, exakt welche Tricks er an welchen Spots machen will und welche Tricks welche Locals bereits gemacht haben. Wo man sich dachte: "What the fuck, woher weiß der das denn?" Intelligentester Skater den ich kenne.
Das war ein Sonntag und ich hab Tyshawn zuhause in der Bronx besucht. Er sitzt auf dem Balkon und blickt Richtung Stadt. Seine Mutter hat mir erzählt, sie hätte ihm schon mit zwölf erlaubt alleine in Manhattan skaten zu gehen und meinte, sie konnte sich immer auf ihn verlassen, weil er nie Blödsinn gemacht hat. Er trinkt auch heute noch keinen Alkohol, raucht keine Zigaretten oder Weed und nimmt keine Drogen – er ist 100% nur auf Skaten. Er macht sein eigenes Business, mit Hardies Hardware und geht ganz entschlossen seinen Weg. Aus der Bronx in die Welt. Mit seinen 17 ist er schon mega weit. Man spürt auch den Respekt, den er einem entgegenbringt. Bill Strobeck ist so ein bisschen sein Daddy und er weiß, dass ich so ein bisschen auf Lem aufpasse und da begegnet er mir entsprechend respektvoll. Er hat sich an dem Tag in der Bronx um alles gekümmert, hat das Bahnticket besorgt und versucht, mir einen schönen Tag zu bereiten.
Die Europe JLB’s (Jetlag Brothers) in Venice Beach. So heißt die Crew der Europäer. Das ist entstanden, als Chewy Lem und mich mal in LA um fünf Uhr früh wecken wollte um skaten zu gehen und wir wollten weiterschlafen. Da meinte er, wir wären voll die Jetlag Brothers. Wir reisen halt auch echt oft und kämpfen dann die ersten Tage mit dem Jetlag.
Mit Miles, Lem und Lucas war ich am meisten unterwegs für Away Days. Die haben sich gegenseitig sehr gut motiviert und Miles schaut auch zu Lucas auf und sieht gerne zu, wie der Big Boss die Ledges zerlegt und guckt sich gelegentlich mal was ab. Was die drei gemeinsam haben ist, dass sie alle immer noch etwas abseits wohnen – Miles in Sacramento, Lucas in Toulouse und Lem in Stuttgart – und da auch nicht weg wollen, während viele nach New York, LA oder Barcelona ziehen. Die fühlen sich wohl in ihrer Homebase und reisen von dort aus um die Welt.
In LA kann man eigentlich nur am Wochenende skaten, deshalb wartet man sehnsüchtig auf die Schoolyard Sessions. Das hier ist die Sunland Schule und wenn man da über den Zaun springt, betritt man quasi komplett ein Filmset. Keine Leute, kein Verkehr und alle möglichen Spots. Tyshawn und Nakel chillen hier gerade und Tyshawn ist für Nakel sowas wie der kleine Bruder, die supporten sich gegenseitig.
Das war am Tag nach meiner Hochzeit. Away Days hat mich um die ganze Welt geschickt. Ich war in zwei Jahren auf 25 Touren, d.h. eigentlich jeden Monat zwei Wochen Tour, zwei Wochen zuhause. Darum war es schwierig einen Termin zu finden und ich hab irgendwann zu meiner Frau Elena gesagt, lass uns doch in Las Vegas heiraten, im Anschluss an den nächsten LA Trip. Für sie war das voll der Traum, denn sie war noch nie in Las Vegas. Also haben wir das kurzfristig so’n bisschen Rock ’n’ Roll Style gemacht, mit Lucas Puig als Trauzeuge. Am nächsten Tag waren wir dann im Death Valley, da ist das Foto entstanden, noch mit dem Sakko an. Danach ging es für ein paar Tage nach LA.
Miles hat ständig eine blutende Hand, das ist typisch für ihn. Es gibt eben Skater, die fallen immer auf die selbe Stelle. Er ist an dem Tag von einer Mauer in ein Ditch gesprungen, wo Arto Saari mal Fakie Flip und Lem Backside Flip gemacht hat. Ich find es echt bemerkenswert, wie Miles an Tricks rangeht. Der weiß immer schon vorher genau, welchen Trick er machen will. Der kommt, macht Ollie, Kickflip und Nollie in das Ditch. Macht Nollie Heelflip im Flat und macht den dann rein. Anders als Tyshawn, der immer gleich seinen krassen Trick probiert. Miles setzt einen Skatetrick wie ein Puzzle zusammen. Der löst das step by step wie eine Mathematikaufgabe.
Gustav Tonnesen – get ready for this guy! Er verkörpert für mich Skateboarding 2016. Verspielt, unvorhersehbar und immer next level. Der wird auf jeden Fall für eine Überraschung sorgen und von dem wird man noch Einiges hören. Miles Silvas hat ihn kürzlich als einen seiner drei Lieblingsskater bezeichnet.
Früher war immer Lem der Jüngste und Kleinste. Mittlerweile passt er aber auch mal auf den 17-jährigen Tyshawn auf, wenn Nakel nicht dabei ist.
Home Sweet Home. Ich war am produktivsten, wenn ich in Stuttgart filmen war. Ich war mit Alec Majerus z.B. einen Tag unterwegs und ein Trick daraus ist direkt in die Thrasher Ausgabe mit den härtesten Handrailtricks gekommen. Frontside 50-50 to Backside 50-50 am Staatsgalerie Doublekink. Wenn die Leute nach Stuttgart kommen, dann weiß ich halt schon genau welche Spots passen. Stuttgart hat alles von Rails über Stufen, Ledges bis zu Cruiser Spots. Man kennt alle Spots aus dem Effeff und weiß wann die Security wo am Start ist.
Für mich bringen Lines in einem Part den Flow und ich versuch immer möglichst viel Lines zu filmen oder Skater zu überreden aus einem Einzeltrick eine Line zu machen. Ich bin immer der Antreiber für Lines. Sobald 15 Einzeltricks im Part sind, fang ich an abzuschalten, egal wie hart die sind, da fehlt mir der Flow. Ich krieg auch als Filmer einen größeren Adrenalinkick, wenn ich eine Line perfekt gefilmt hab. Wenn ich z.B. Dennis Busenitz hinterhergeheizt bin und hab das perfekt im Kasten, das gibt mir ein Erfolgserlebnis. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Fisheye filmen einfach ist. Eine Line richtig dynamisch zu filmen ist genau so schwer wie Longlense. Einfach nur hinterherfahren find ich z.B. langweilig.
Sonntags im Hyde Park in London, philosophieren über Skateboarding. Oder besser gesagt: Mark Gonzales erzählt von Back in the Days. Ich hab Gonz erzählt, dass er bei This Ain’t California vorkommt und dass darin gesagt wird, dass die Ostskater zum ersten Mal 88 in Prag Amiskater getroffen haben und er meinte, dass er tatsächlich damals in Prag war und sich an die Skater mit ihren selbstgebauten Boards erinnern kann. Dadurch hat Gonz angefangen von Früher zu erzählen, u.a. dass er auf Europatour den Stalefish Grab erfunden hat. Und Mark und Nestor passen perfekt dazu, sich über Skateboardgeschichte zu unterhalten.
Lem und Gonz in Moskau und Gonz hat sowohl die Kids als auch deren Väter begeistert. Da waren Skater dabei, die ihn schon 85 in Moskau gesehen haben. Der begeistert alle Generationen für Skateboarding. Nicht nur durch sein Skateboarding, sondern auch durch seine Kunst. Ich bin auch Fan davon, wie er Skateboarding in kurzen Worten in Kunst umsetzt. Und es gibt keinen Tag, an dem du mit Gonz losziehst, an dem nichts passiert. Egal ob er einen Trick filmt, auf dem Rücken einen Downhill fährt oder einfach nur mit einem Passanten ins Gespräch kommt, es kommt immer eine geile Story dabei raus.
Blondey und Benny, die Brits. Blondey ist ja ganz frisch dabei und von dem wird man noch viel hören. Der hat seine Partyphase schon hinter sich und konzentriert sich jetzt auf sein eigenes Klamottenbrand Thames. Er arbeitet da jeden Tag im Palace Office. Er kennt Guy Richie, den Ex-Mann von Madonna. Der ist ein It-Boy in London. Wenn der mit seinen weißen Palace Klamotten und dem Goldzahn irgendwo im Club auftaucht, dann strahlt er trotz seiner jungen Jahre schon so eine Aura aus. Als wir in Japan waren, da hat der Fotograf Joe Brook nur zwei Tricks gesehen und war gleich so: „Ey, wer ist denn der Typ?“. Der ist halt interessant, selbst wenn er nur einen Ollie macht.
Another Day at the Office. Als Skateboardfilmer schlägt man halt irgendwo sein Lager auf und ist dann da den Tag über. Man ist nach wie vor eine Streetrat und kauert in den Städten der Welt rum.