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Auf Reisen mit Friedjof Feye

Friedjof Feye ist Skateboardfotograf. Aber eigentlich Lehrer. Aber eigentlich dann doch wiederum so ständig irgendwo mit seiner Kamera unterwegs. Zusammen waren wir etwa in San Francisco, beim Surfen in Dänemark oder bei Maxi Schaible im Schwarzwald. Letztes Jahr hat er den Entschluss gefasst, ein Sabbatjahr zu nehmen und das hauptsächlich für Reisen zu verwenden. Einige davon sind bereits in Solo aufgetaucht, wie etwa die Fahrt zu den Lofoten oder der Trip nach Beirut, der mit einem Hisbollah Verhöhr endete… Einige hatten eher weniger mit Skateboarding zu tun, waren aber nicht weniger spannend. Oder hören sich eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn, eine Fahrradtour quer durch Deutschland oder die Fahrt auf einem Containerschiff langweilig an?

Libanon Dezember 19

Libanon Dezember 19

Friedjof, wie bist du auf die Idee mit dem Reisejahr gekommen?

Um ehrlich zu sein, habe ich schon lange bevor ich angefangen habe zu arbeiten, vom Sabbatjahr geträumt. Letzten Endes war es dann ein schleichender Prozess, der mich den Urlaubsantrag einreichen ließ. Ich mag meinen Job in der Schule, aber nach sechs Jahren war es mal an der Zeit, etwas Abwechslung in mein Leben zu bringen.

China August 19

China August 19

Wo warst du überall?

Ach, ich war gar nicht so interessiert daran großartig Länder von der Liste abzuhaken. Es ging mir viel mehr darum, möglichst viel freie Zeit mit meinen Freunden zu verbringen, zu fotografieren und Dinge zu machen, für die man sonst keine Zeit findet bzw. von denen man schon immer mal geträumt hat. Beispielsweise wollte ich mal mit dem Auto an die Spitze Europas fahren, mit der Transsibirischen Eisenbahn die unendlichen Weiten des Ostens erkunden, mit dem Fahrrad quer durch Deutschland radeln oder tagelang mit einem Containerschiff auf hoher See sein.

Kroatien Oktober 19

Kroatien Oktober 19

Wie fiel die Entscheidung zwischen Skate-Reisen und Nicht-Skate-Reisen?

Das waren keine bewussten Entscheidungen. Einige Dinge eignen sich halt besser, wenn man sie alleine, mit seiner Freundin oder mit Freunden macht. Bei längeren Reisen muss man sich darauf einstellen, dass man wahrscheinlich häufiger alleine ist, weil normalerweise niemand die Zeit findet, so lange Urlaub zu nehmen. Da die meisten Freunde von mir skaten, werden gemeinsame Reisen dann automatisch zu Skatetrips

Baltic Sea Januar 20

Baltic Sea Januar 20

Wie war das auf einem Containerschiff, ganz alleine, nur mit der Crew?

Zugegeben, war das am Anfang ziemlich skurril. Man gewöhnt sich aber schnell an die unterschiedlichen Sprachen der Besatzungsmitglieder, die vielen Fachbegriffe oder an das ständige Schaukeln des Schiffs. Was auch absurd ist, ist die Vorstellung daran, dass man ständig von einigen Tausend Containern umgeben ist und das Wasser unter den eigenen Füßen mehrere Hundert Meter tief ist. Es gibt übrigens täglich drei warme Mahlzeiten. Danach konnte man immer lange Verdauungs- Spaziergänge machen. Ich meine, so ein Containerschiff ist vergleichbar mit einer schwimmenden Kleinstadt.

Baltic Sea Januar 20

Baltic Sea Januar 20

Hast du nicht Schiss, riesigen Mongolen ungefragt die Kamera ins Gesicht zu halten?

Vermutlich wäre mir das vor ein paar Jahren noch unangenehmer gewesen, aber ich bin früher jahrelang an fotogenen Menschen vorbeigekommen und konnte sie nicht so spontan fotografieren, weil ich immer Kameras mit manuellem Fokus dabei hatte. Vielleicht verspüre ich unterbewusst Rachegelüste gegenüber all den verpassten Schnappschüssen und deswegen laufe ich seit einiger Zeit auf Reisen mit einer Snapshot-Kamera durch die Gegend. Oft frage ich aber auch Leute nach Portraits. Das kommt immer ganz auf die Situation an.

Mongolei Juli 19

Mongolei Juli 19

Welche Bekanntschaften macht man denn so in der Transsibirischen Eisenbahn?

Das hängt ganz von einem selbst ab. Der Hotspot ist sicherlich das Bord-Restaurant, wo man einfache Speisen und auch alkoholische Getränke zu sich nehmen kann. Der Rest passiert dann von ganz allein, weil die Sitz plätze begrenzt und die Dauer der Reise schier endlos ist. Mit etwas Glück/Pech wird man dann in ein Gespräch verwickelt und versucht sich aus einer Mischung aus Russisch, Englisch und Zeichensprache zu unterhalten. Es kann also schon vorkommen, dass einem "Sergej" gegenüber sitzt und du mit ihm ein paar Runden Vodka trinken musst.

Russland Juli 19

Russland Juli 19

Ich wollte auch schon immer mal mit dem Fahrrad durch Deutschland fahren. Würdest du es empfehlen und wie war deine Route?

Ja, so eine Reise ist definitiv empfehlenswert. Ich hatte überwiegend Glück mit dem Wetter und konnte auf dem Weg einige Freunde und Bekannte treffen. Insgesamt war ich in zehn Bundesländern und habe eine Art Rundreise entlang einiger Städte und Flüsse gemacht. Gebirge habe ich aber gemieden, haha. Insgesamt bin ich in drei Wochen ca. 1800km gefahren und musste nur dreimal auf eine kurze Bahnreise ausweichen, weil das Fahrrad defekt war oder es monsunartige Regenfälle gab.

Deutschland September 2019

Deutschland September 2019

Gibt’s eine Erfahrung, die dir am prägendsten in Erinnerung geblieben ist?

Oh, da fallen mir spontan mehrere kleinere Sachen ein. Wahrscheinlich muss man sie selber einfach erlebt haben. Einmal wäre da ein korrupter Polizist in Mexiko, der sich unser Schmiergeld direkt in sein Cappy gelegt hat und dann aufgesetzt hat. Irgendwo in Lappland hat sich ein Fuchs meine halbvolle Bierdose geschnappt und ist damit im Busch verschwunden. Das Hisbollah Verhör im Libanon werde ich so schnell auch nicht vergessen. Generell gesprochen war und ist es immer noch schön, losgelöst von der täglichen Routine zu sein und sich mit anderen Dingen außer beispielsweise Arbeiten, Einkaufen und Essen machen zu beschäftigen. Diese Freiheit habe ich mir quasi durch das Sabbatjahr erkauft und war mir bis ca. März auch jeden Cent wert. Jetzt hat sich die Lage ja bekanntermaßen etwas geändert.

Mexiko Februar 20

Mexiko Februar 20

Und welche Trips sind jetzt wegen Corona noch ausgefallen?

Ich hätte höchstwahrscheinlich noch eine längere Reise mit meinem alten Wohnmobil unternommen, wäre wohl noch nach Tansania oder Kenia gereist und vermutlich hätte noch ein USA Roadtrip angestanden. Die Krise hatte für mich aber auch etwas Gutes. Die Leute fangen an ihre Kosten zu reduzieren und trennen sich von Sachen. Somit habe ich mir diese Woche meinen kleinen Traum vom Blockhaus am See erfüllen können und werde daran wohl die nächsten Wochen herum werkeln. Solange die Baumärkte also geöffnet bleiben, bin ich erstmal versorgt. Vielleicht klappt ja wenigstens noch eine kleine Reise mit dem Wohnmobil im Sommer. Das wäre sicher ein gelungener Abschluss eines erlebnisreichen Jahres.

Schweden August 19

Schweden August 19