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Kenny Hopf – Untergrund Interview

Eine gute Mischung aus hanseatischer Offenheit und japanischer Bescheidenheit. Kenny Hopf hat die Balance nicht nur in seinen Wheelies gefunden, sondern auch in kultureller Hinsicht. Und obwohl es aussieht, als ob der junge Mann von der Stanley WE Crew mit seinem Brett tanzen würde, bevorzugt er es, in japanischer Diskretion, nicht auf den Brettern, die die Welt bedeuten zu stehen. Wir sind mit Kenny in die Skateboardgefühlswelt fernab von Tricks abgetaucht und haben uns ein Update aus dem Untergrund geben lassen.


Hi Kenny, du und deine Skateboardfamilie Stanley WE seid viel unterwegs. Wie habt ihr euch gefunden?

Hamburg ist zwar schön und man fühlt sich hier zuhause, aber so richtig befreit fühlt man sich erst, wenn man woanders ist. Am besten in einem anderen Land. Wir waren zu zehnt zwei Monate in Thailand unterwegs und sind per TukTuk von Spot zu Spot. Wir sind eigentlich wie eine Familie und alle aus irgendeiner anderen Crew übrig geblieben. Damals bin ich viel mit meinen Brüdern gefahren, aber ich bin der Einzige, der weitergemacht hat. Dann hab ich Benny Vogel, Simon Schulz und die Anderen kennengelernt und hab dann immer mehr mit denen gechillt.

Wie lautet deine Definition von Untergrund?

Hm, für Untergrund gibt es mehrere Definitionen. Untergrund an sich bedeutet für mich einfach nur unter der Erde. Also schlicht eine U-Bahn oder ein Tunnel. Untergrund im Bezug auf Skateboarding klingt für mich dirty und ein bisschen ghetto.

Deine eigentliche Familie kommt aus Japan, wo das Wort Untergrund im Bezug auf Skateboarding ja nicht besser passen könnte. Ist japanisches Skaten ein Einfluss für dich?

Ich feier das, aber Einfluss würde ich nicht sagen. In Japan geht man nachts skaten, wenn alle gewöhnlichen Menschen schlafen. Die Skater machen dann die Stadt unsicher. Die treffen sich erst um drei Uhr morgens um chillig was essen zu gehen und dann startet die Nightsession. Ich bin alle zwei Jahren in Japan und besuche meine Familie dort, und auch wenn ich in Deutschland aufgewachsen bin, bin ich sehr japanisch. Ich esse japanisch, rede japanisch und verhalte mich wie ein Japaner. Ich bin einfach ein bisschen so.

Wie verhalten sich Japaner denn aus deiner Sicht?

Sehr bescheiden, ein wenig zurückhaltend, höflich, respektvoll. Nicht so aufdringlich und wir mögen es eben nicht im Mittelpunkt zu sein. Ich kann das ja schwer beurteilen, aber das höre ich häufig.

Wie sieht sonst dein Alltag in Hamburg aus?

Ich mache gerade mein Abitur. Ich bin jetzt schon zwei Jahre dabei und bin deswegen auch ein bisschen in den Untergrund abgetaucht. [lacht] Nebenbei arbeite ich in einem Coffeeshop. Das ist jetzt schon mein Dritter und ich glaube, ich bin für nichts Besseres geschaffen. Sonst gehe ich leider voll selten skaten und wenn, dann ist das meistens ziemlich hektisch. Wir sind dann entweder auf der Rollschuhbahn für ein paar Stunden abschwitzen oder wir gehen am Wochenende filmen. Ich sag mal so: Die letzten zwei Jahre waren für mich echt hart. Das spiegelt sich auch ein bisschen in meinem Part wider, befürchte ich.

Es geht für mich eher um das Gefühl und weniger um die Tricks

Wie hätte der Part ausgesehen, hättest du mehr Zeit gehabt?

Ich nehme solche Parts schon sehr ernst und ich hab mich dafür ins Zeug gelegt. Ein Videopart ist immer was Schönes. Man bringt immer wieder neuen Style rein und das ist dann ja auch was für die Ewigkeit. Ich bin leider nicht zu 100% zufrieden, aber das ist man ja sowieso nie. Aber ich glaube, ich bin immer zu selbstkritisch. Ich habe es nicht so mit meiner Selbsteinschätzung. [lacht] Das ist jetzt glaub ich mein dritter Part und ich wollte das skaten, was ich am Besten kann. Einfach darauf scheißen, was heutzutage „In“ ist – ich mag Flips, Wheelies und Ledge/Curb Tricks. Das alles darf aber nicht zu anstrengend aussehen. Es soll schon krass sein, aber auch locker und mit einem gewissen Speed und der Trick an sich muss auch cool aussehen. Flinke Füße, Schnelligkeit und Präzision. Aber ich werde immer als Wheelie Skater angesehen, obwohl ich wirklich alles gerne skate... Das ist halt das, was ich gut kann. Während der ganzen Zeit haben mir aber die Banger Sessions mit meinen Homies gefehlt. Das gibt immer zusätzliche Energie. Es war dann immer eine ein oder zwei Mann Mission mit Anton Geismar, der das Ganze gefilmt hat und ein echt guter Freund von mir geworden ist. Es macht immer Spaß mit ihm loszugehen. Wir konnten gut zusammen arbeiten und ich konnte auch beim Filming mitreden, was cool war.

Ich finde, Wheelie Skaten sieht, wenn man es denn richtig flüssig macht, auch immer ein bisschen wie ein Tanz aus.

Ich höre auch immer wieder von richtig vielen Leuten, die auf einem ganz anderen Level skaten, dass Wheelie Skaten das Schwerste von allem ist. Das hat ja auch nichts mit Trauen zu tun, du traust dich ja immer in den Wheelie reinzuspringen. Die richtige Fußstellung auf dem Board, während du im Wheelie stehst, kommt ja nicht immer, sondern voll selten. Das ist halt immer ein Kampf, der mich aufregt. Ich hab mir auch irgendwann mal geschworen, dass ich nie wieder Wheelies mache. Beim Moshen muss man sich einfach trauen und hinterher springen. Wheelies sind eine nervliche Herausforderung. Aber das ist eher selten geworden. Der heutige Style ist ja mehr so New York. Dickies mit Schlüsselanhänger, ’ner Beanie und ’nem zu kurzen Tshirt.

Aber wie projizieren sich diese Äußerlichkeiten auf das Skaten?

Klar, sind das Äußerlichkeiten, aber das spiegelt auch einen gewissen Style auf dem Board wider. Der Typ, der sich so kleidet, der versucht auch diesen Style auf das Board zu bringen. Ich finde das cool, versteh mich nicht falsch. Polegrinds, Wallies, No Complies würde ich auch alles gerne können, aber wenn ich mich da hineinbeiße, dann würde es einfach nicht zu mir passen. Nur weil das gerade cool ist, ist das trotzdem nicht mein Style.

Gibt es trotzdem jemanden, der dich beim Skaten beeinflusst oder was sind deine Einflüsse?

Natürlich hab ich Lieblingsskater, aber ich bin nicht so ’ne Skaterat, die sich an irgendwelchen Pros orientiert. Das Wichtigste ist sowieso Style. Wenn jemand seinen eigenen Style ausstrahlt, auch wenn er nur Ollies kann oder rumcruist und jede Kante vom Boden mitnimmt, sieht man erst, wie viel Flow und Leidenschaft jemand hat. Es geht für mich eher um das Gefühl und weniger um die Tricks. Aber man muss als gesponserter Skater trotzdem aufpassen, dass man dem heutigen Level irgendwie entspricht. Ich hoffe, dass sich irgendwann die eigene Persönlichkeit und der eigene Style im Skaten mehr durchsetzen. Dieses große Contest-Skaten ist auf der einen Seite cool, aber die Kids heutzutage orientieren sich zu sehr danach. Das Gefühl geht so ein bisschen verloren, weil man immer Swag haben muss. Schade irgendwie.

Kenny Hopf

Nollie Crooked Grind Nose Manual Nollie Flip

Inwiefern unterscheiden sich Kids, die heute anfangen, von den älteren Skatern? Denkst du, die haben ein anderes Gefühl?

Was ich heute sehe, ist, dass sich die Kids anders verhalten. Ich beziehe mich dann immer auf mich und meine Freunde. Wir waren damals ruhig in der Ecke und die Älteren waren für uns unantastbar. Das ist cool, dass die Kids heute viel offener sind. Die kommen direkt auf einen zu und sind schon ziemlich selbstbewusst, obwohl sie gerade erst anfangen. Manchmal kann das natürlich auch nervig sein. Aber generell kommt es immer auf das Individuum an. Es gibt jeden Tag ein neues Video, aber diese Diskussion gibt es ja schon seit Ewigkeiten und jeder sagt irgendwas anderes. Ich finde es auch cool, jeden Tag Skatevideos sehen zu können. Nur der Wert an Skatevideos geht dabei halt leider verloren. Das sind immer nur so Phasen, wo dann nur der eine bestimmte Style cool ist und alles andere ist dann out. Ich finde Skateboarding einfach cool, aber natürlich gibt es so gewisse Kleinigkeiten. Ich kann aber damit leben und will die heutige Generation gar nicht kritisieren. Im Endeffekt sind sie es, die in der Zeit leben und sie müssen auf sich selbst achten, damit sie nicht in etwas reinrutschen, was sie nicht möchten.

Was wäre dir denn persönlich lieber? Olympia oder der Untergrund?

Natürlich ist mir der Untergrund viel, viel lieber. Skateboarding ist für mich immer noch underground, aber ich finde es cool, dass es so populär ist. Skateboarding an sich ist kein Olympia Sport. Und auch kein Extremsport oder Wettkampf. Das ist ein Lifestyle, den man voll und ganz lebt. Deswegen gehe ich auch nicht auf Contests. Bei größeren Contests bekomme ich einen richtigen Kopffick. Ich will das nicht haten, bin aber froh, dass ich nicht heute aufwachse und schon weiß, was Skateboarding wirklich für mich bedeutet.

Obwohl du gerade sagtest, dass du Contests nicht magst, war das erste Mal, dass ich was von dir mitbekommen habe, der Red Bull MannyMania Contest. Vielleicht kommt es auch daher, dass dich jeder als Wheelieskater sieht… Wie war das für dich?

[lacht] Ja, stimmt. Liegt wahrscheinlich daran. Aber ich mach ja auch viele Wheelies. So ist das ja nicht. Ich hab das Gefühl, viele finden das einfach nicht cool. Es gibt ja auch die einen Wheelie Skater und die anderen. Naja, das war gerade so die Phase, in der ich übelst gepusht wurde. Da war ich ca. 19 Jahre und habe hier und da Sponsoren bekommen. Damals bin ich für Über Skateboards gefahren und der Teammanager, Thomas Tröger, war für mich wie ein Stiefvater. Er hat mich voll gepusht und das mit Red Bull MannyMania geregelt. Ich habe gemerkt, dass es irgendwie Spaß macht, weil das eben voll mein Terrain war. Natürlich hatte ich auch leuchtende Augen wegen New York. Ich hätte mir nichts Besseres als einen zweiten Platz erhoffen können, als ich Daniel Meiers skaten gesehen habe. Er hat einfach konstant alles zerstört. Auf jeden Fall wollte er nicht nach New York fliegen, weil er Flugangst hat. Dann habe ich einen Anruf von Red Bull bekommen und wurde gefragt, ob ich für ihn einspringen will. Da hab ich natürlich „Ja“ gesagt. Der Contest war schon scheiße, weil übelst viele Leute da waren und ich auch total vercheckt war. Als das Practice anstand, hab ich mich lieber mit meinem Vater getroffen. Am nächsten Tag war direkt der Contest und ich wurde auch noch als Erster gezogen. Naja, die Erfahrung war eh viel geiler als das Ergebnis. Für den Anfang war das alles ein bisschen zu viel für mich. Das ging ziemlich schnell und jetzt würde ich das alles entspannter angehen. Ich war so unerfahren und ein neues Gesicht auf der Skateoberfläche.